BImSchG-Novelle: Jetzt Chance nutzen und Genehmigungen für Windenergieanlagen beschleunigen!

Berlin, August 2023
Der Zubau von Windkraft-Anlagen in Deutschland geht voran - jedoch deutlich zu langsam, um die Ziele der Energiewende zu erreichen. Den Flaschenhals des Windenergieausbaus bilden – neben unzureichenden Flächenausweisungen und ein weiter hohes Maß an Investitionsunsicherheit – vor allem die schleppenden Genehmigungsverfahren. Aktuell vergehen vom ersten Antrag bis zur Realisierung rund sechs Jahre, davon im Schnitt 22,4 Monate im förmlichen Genehmigungsverfahren in Schleswig-Holstein - angesichts der fortschreitenden Klimakrise deutlich zu lang.

Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die lang erwartete Initiative der Bundesregierung zur Novellierung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BimSchG). Wir begrüßen insbesondere, dass Behörden nur noch einmalig (statt zuvor unbegrenzt) und mit Begründungspflicht die Frist zur Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit um drei Monate verlängern dürfen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um eine wiederholte Fristverlängerung zu verhindern. Wichtig ist auch die eingeführte Möglichkeit, externe Projektmanager auf Antrag oder mit Zustimmung des Vorhabenträgers zu beauftragen.

Neben diesen positiven Änderungen bedarf es aus Sicht der Erneuerbaren Gruppe ARGE Netz noch folgender dringlicher Anpassungen:

Repowering erleichtern
Repowering ist der zentrale Hebel, um schnell viel Zubau zu erreichen. Hier muss die nötige Klarheit geschaffen werden. Zudem muss die Repowering-Regelung auch bei fehlender Betreiberidentität anwendbar sein. Denn oftmals sind Alt- und Neuanlagenbetreiber nicht ein und dieselbe Person. Um das Repowering hier zu erleichtern, sollte ausreichen, wenn die Zustimmung des Betreibers der Bestandsanlage für das Repowering zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung vorliegt.

Ermöglichung der typenoffenen Genehmigung/Erleichterung des Typenwechsels
Leider wurde die Chance, den Typenwechsel im Genehmigungsverfahren zu erleichtern im Referentenentwurf bisher verpasst. Hier muss dringend nachgebessert werden. Denn nur wenige Windparkprojekte werden mit dem Anlagentyp realisiert, der ursprünglich beantragt wurde. Oftmals ist der genehmigte Anlagentyp zum Zeitpunkt der Installation bereits überholt, oder sogar nicht mehr lieferbar. Ziel sollte es jedoch sein, dass neue Anlagen immer nach dem neuesten Stand der Technik gebaut werden. Der Wechsel der Genehmigung stellt Projektierer jedoch vor erhebliche Herausforderungen. Um das Problem an der Wurzel anzugehen, sollte die Genehmigung von vornherein nach einfachen Kriterien typenoffen gestaltet werden. Gegenstand der Festlegung einer typenunabhängigen Genehmigung wäre kein konkreter Anlagentyp, sondern bestimmte Parameter für einen konkreten Standort wie z.B. bezüglich Schall und Schatten. Genehmigungsfähig wäre die Errichtung und der Betrieb einer Anlage, deren Konfiguration sich innerhalb der festgelegten Parameter befindet und die zu Grunde gelegten Worst-Case-Annahmen einhält. Alternativ könnte man auch den Typenwechsel erleichtern, indem lediglich eine Änderungsanzeige erforderlich ist.

Sanktionierung bei Fristverletzung
Wichtig ist, dass die Rechtsfolge bei Verstoß gegen die Fristen gesetzlich geregelt wird. Die bisherige Sanktionslosigkeit bei Fristverstößen ist ein Grund für die teils massiven Verzögerungen im Verfahren. Hier gilt es dringend nachzusteuern und eine Genehmigungsfiktion und einen vereinfachten, pauschalisierten Verzögerungsschadensersatz zu prüfen. Es würde dann standardmäßig ein Schadensersatz von X Euro pro beantragtem Megawatt pro Monat fällig. Dies würde die Einhaltung der Fristen erheblich wahrscheinlicher machen.


Klare Begrenzung von Nachforderungen
In der Praxis sind Nachforderungen von Unterlagen ein erhebliches Hemmnis für den schnellen Fortlauf von Genehmigungsverfahren. Deshalb sollte die Nachforderungsmöglichkeit durch die Genehmigungsbehörden verpflichtend auf eine einmalige Nachforderung innerhalb eines Monats nach Antragseinreichung beschränkt werden.

Rechtssichere Definition der Vollständigkeit der Unterlagen
Wir begrüßen ausdrücklich die Aufnahme einer Definition von Vollständigkeit. Denn die Vollständigkeit ist ein wichtiger Meilenstein im Genehmigungsverfahren, ab dem die Prüfung der Unterlagen beginnt. Allerdings lässt der jetzige Vorschlag erheblichen Interpretationsspielraum. Es sollte dringend konkretisiert werden, was mit der genannten Voraussetzung, dass die Unterlagen sind, konkret gemeint ist.

Generell müssen die Verfahren auf allen Ebenen deutlich gestrafft und entschlackt werden. Wir können es uns angesichts der fortschreitenden Klimakrise und der aktuellen Energiekrise nicht mehr länger leisten, den Aufbau der Klimainfrastruktur durch bürokratische Ineffizienzen zu verzögern. ARGE Netz wird sich mit eigenen Stellungnahmen am Gesetzgebungsverfahren zur BImSchG-Novelle beteiligen.

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