MEKUN-Vorschlag zum Netzanschluss Erneuerbarer irritiert Branche
Die aus dem Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN) bekannt gewordenen Überlegungen, den Anschlussvorrang für Erneuerbare Energien in sogenannten Klimaneutralitätsregionen einzuschränken, stoßen auf deutliche Kritik. Der vorgeschlagene Kurswechsel stellt nicht nur die energiepolitische Verlässlichkeit des Landes infrage, sondern offenbart zunehmend einen fehlenden Blick für das Gesamtsystem der Energiewende, das Erzeugung, Netze, Flexibilität und regionale Wertschöpfung zusammendenken muss.
Zur Begründung verweist das MEKUN auf Netzengpässe und Abregelungen. Die Faktenlage spricht jedoch eine andere Sprache: Die abgeregelte Stromerzeugung aus Windenergieanlagen an Land ist im Jahr 2024 in Schleswig-Holstein weiter zurückgegangen und lag bei 807 GWh, gegenüber rund 3.250 GWh im Jahr 2019. Netzausbau, Netzstabilisierung und betriebliche Optimierungen zeigen Wirkung. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachlich nicht begründbar, ausgerechnet die leistungsstärksten Regionen vom weiteren Ausbau auszuschließen.
Ein solcher Ansatz ist ein direkter Angriff auf die Kosteneffizienz der Energiewende. Wenn dort kein Zubau mehr möglich sein soll, wo Onshore-Windstrom am günstigsten erzeugt wird, steigen die Gesamtkosten des Energiesystems zwangsläufig. Das trifft am Ende Verbraucherinnen und Verbraucher, Industrie und Kommunen gleichermaßen – und widerspricht dem eigenen Anspruch des Landes, Klimaschutz wirtschaftlich vernünftig umzusetzen.
Schleswig-Holstein hat seine Vorreiterrolle beim Ausbau der Erneuerbaren nicht zufällig erreicht. Sie basiert auf verlässlichen Rahmenbedingungen, regionaler Beteiligung und einer starken mittelständischen Struktur. Diese Stärke nun durch administrative Eingriffe zu relativieren, sendet ein fatales Signal an Investoren, Kommunen und Bürgerinnen und Bürger und untergräbt die dringend benötigte Planungssicherheit.
ARGE NETZ Geschäftsführer Stephan Frense findet dafür klare Worte: "Wir sollten es positiv sehen, dass Deutschland in den vergangenen Jahren erheblich an Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien gewonnen hat. Das verbleibende Nadelöhr ist dabei unbestritten der Netzausbau. Umso befremdlicher ist jedoch das derzeitige Framing aus dem MEKUN, das den Eindruck erweckt, als müsse der Ausbau dort gebremst werden, wo er besonders effizient ist. Dieses Denken erinnert an energiepolitische Debatten vergangener Jahre und verkennt die eigentliche Zielsetzung: Es müsste oberstes Interesse sein, die besten Windstandorte der Republik schnellstmöglich anzuschließen und systemisch einzubinden. Der aktuell diskutierte Ansatz läuft stattdessen Gefahr, vor allem die Interessen der Netzwirtschaft zu priorisieren, anstatt den gesamtwirtschaftlich sinnvollen Ausbau der Erneuerbaren konsequent voranzutreiben.
Andernfalls entsteht der Eindruck, dass energiepolitische Weichenstellungen bereits frühzeitig im Lichte des anstehenden Landtagswahlkampfes getroffen und dabei gezielt Themen aufgegriffen werden, von denen man sich eine größere Anschlussfähigkeit auch bei Kritikerinnen und Kritikern der Energiewende verspricht. Dabei versäumt es das Land bislang, die positiven Effekte des Ausbaus aktiv zu kommunizieren. Ein kommunales Transparenzregister oder vergleichbare Instrumente fehlen weiterhin, sodass der finanzielle Nutzen für Gemeinden und regionale Wertschöpfung für viele Bürgerinnen und Bürger unsichtbar bleibt."
Netzanschlussagenda der ARGE NETZ:
Die ARGE NETZ hat eine umfassende Netzanschlussagenda vorgelegt, die darauf abzielt, Systemeffizienz und Investitionssicherheit in einem auf Erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem zu stärken. Zentrale Voraussetzungen sind ein beschleunigter Netzausbau, verlässliche und transparente Netzanschlussbedingungen sowie die konsequente Nutzung aller Flexibilitätspotenziale. Ein Redispatchvorbehalt würde neue Investitionen massiv gefährden und steht zudem im Widerspruch zu europarechtlichen Vorgaben; statt weiterer Einschränkungen fordert die Agenda den gezielten Ausbau von Flexibilitäten, die Digitalisierung der Netze und klare, verbindliche Anschlussprozesse. Dazu gehören gestärkte Transparenzpflichten für Verteilnetzbetreiber, ein beschleunigter Smart-Meter-Roll-out sowie vollständig digitale Netzanschlussverfahren. Ergänzend schlägt ARGE NETZ ein priorisiertes, fristgebundenes Netzanschlussverfahren vor, bei dem der Reifegrad von Projekten, hinterlegte Sicherheiten und klare Zuständigkeiten zu mehr Verbindlichkeit und schnelleren Anschlüssen führen.
Stephan Frense
CEO

